Notenlesen – o mein Gott

Notenlesen

Lass mich dir bitte eine Frage stellen:

Was passiert, wenn du vor dir Noten siehst?

Musiknoten – dicke Punkte mit dünnen Hälsen und Fähnchen auf Liniensystemen, darüber oder darunter, mit verschiedenen Zahlen, Buchstaben, Symbolen, Abkürzungen etc.?

Das ist jetzt keine rhetorische Frage. Ich würde das wirklich gern wissen.

Abneigung gegen Noten

Immer wieder begegne ich Klavierschülern, die geradezu einen Horror, einen Hass, eine Abneigung oder zumindest eine gewisse Resistenz gegen Noten empfinden.

Sicherlich hast du schon mal von solchen Mitmenschen gehört.

Was geht da vor sich?

Ich versuche dann zu erspüren, was denn da mental vor sich geht. Ich probiere gewissermaßen durch die Brille des Schülers zu schauen, um das Phänomen zu verstehen und zu bereinigen.

Manchmal umschiffe ich dann sogar das Thema Noten. Und oft komme ich wieder darauf zurück. Denn wie will man ein Stück von Mozart oder Bach ohne Noten lernen?!? Schwierig!

Tricks

Ja, ich weiß, es gibt Tricks. Ich finde es äußerst faszinierend, wenn Menschen Takt für Takt auswendig lernen und die Noten beim Vorspielen dann gerade als Stütze verwenden.

Es geht auch ohne

Ich weiß auch, dass ich keine Noten brauche, wenn ich einfach improvisieren oder komponieren will. Das geht! Vielleicht sogar besser ohne Noten!

Notenlesen lernen

Prinzipiell kann man in ein paar Stunden Notenlesen lernen, ganz sicher aber in 3 Tagen!

Diese Aussage klingt vermutlich frustrierend, wenn man seit Jahren versucht, Notenlesen zu lernen. Ich will jetzt echt nicht präpotent oder anmaßend sein.

Duncan Lorien schafft es jedes Mal in seinem Notenlesen-und-Spielen-Seminar, jedem Seminarteilnehmer in 3 Tagen das Notenlesen beizubringen.

Aber darum geht‘s jetzt nicht.

5 Filter

Wenn ich nämlich durch die Brille meiner Schüler mit Noten-Aversionen schaue, beobachte ich 5 verschiedene Filter. Und die sind wirklich interessant. Sie scheinen riesengroß, und wenn man sie näher betrachtet, werden sie auf einmal fast lächerlich:

1) „Eine Gans hat dicke Füße.

Wer kennt dieses Sprüchlein nicht? Es dient dazu, die Noten auf den Linien im G-Schlüssel zu erlernen. Hier lernt man 5 Töne aus einer Auswahl von 88 Tönen am Klavier, weiß nicht, was ein Schlüssel ist, warum dieses Ding G-Schlüssel oder Violinschlüssel heißt, findet aber diese Information als der Weisheit letzter Schluss. Tut mir leid, wenn ich etwas gehäßig bin. Ich übertreibe jetzt maßlos. Aber es geht hier um die Darstellung des Themas im Musikunterricht!

2) Autoritärer Unterricht: Schläge auf den Hinterkopf, Rohrstäbchen, Strafen, Quälereien, unnötiger Druck etc.

3) „Das schaffe ich nie“ und ähnliche Aussagen, Gedanken oder Betrachtungen, die sich dann genauso manifestieren.

4) Missverstandene Wörter und Symbole.

Ein paar Kandidaten:

p = piano (ital. leise, sanft)

f = forte (ital. laut, kräftig)

tr = Triller (schneller Wechsel zwischen dem notierten Hauptton und dem Ton darüber)

5) Heftige emotionale Reaktionen,

wie Ablehnung, Protest, Zurückweisung, Wut etc.

Lösung

Meistens verschwinden diese „Filter“, wenn man darüber spricht oder diese Thematik diskutiert. Oft ist keine weitere Handhabung nötig, manchmal schon.

Bei einem Stück mit 6 Bs muss ich auch etwas schlucken. Aber letzten Endes hat es mit meiner Bereitschaft zu tun, dieses Ding zu konfrontieren und mich dran zu machen und. Das wäre ein 6. Filter, könnte aber auch unter einige andere obige fallen.

Lass mich dir bitte nochmals diese Frage stellen:

Was passiert, wenn du Noten siehst?

– eine grauenvolle Erinnerung an den Musikunterricht bäumt sich auf,

– ein Ohnmachtsanfall steht knapp davor, weil auf dem Blatt alles ganz schwarz ist.

– ein Schwindelgefühl vor lauter Symbolen und Zeichen, für die du keine Verwendung hast.

Oder:

– ein unbändiges Verlangen, das Stück kennenzulernen,

– Neugierde, herauszufinden, wie das klingt,

– es kribbelt dir in den Fingern, dieses Stück zu spielen.

Das Notenlesen-und-Spielen-Seminar

Für die ersten 3 Phänomene (grauenvolle Erinnerungen, Ohnmachtsanfall und Schwindelgefühl) gibt es definitive Abhilfen, nicht zuletzt das Notenlesen-und-Spielen-Seminar mit Duncan Lorien vom 6. bis 8. November dieses Jahres:

https://www.musikverstehen.net/notenlesen-und-spielen/

Meine persönliche Warnung zum Schluss

Wenn du bereits Phänomene der zweiten Gruppe (Neugierde, Interesse oder Fingerkribbeln) spürst, muss ich dich warnen:

Es besteht Suchtgefahr. 😉

Und die Abhilfe dafür darf ich dir leider nicht verraten.

Liebe Grüße

Gerd